Kategoriearchiv '§212 StGB'

16.08.22

Verurteilung zu lebenslanger Haftstrafe wegen tödlicher Schüsse auf Bruder und Mutter in Bad
Salzuflen rechtskräftig

- §211 StGB, §212 StGB, Beschlüsse -

Beschluss vom 3. August 2022 – 4 StR 243/22

Das Landgericht Detmold hat den Angeklagten wegen Tötungsdelikten zum Nachteil seines Bruders und seiner Mutter zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen tötete der Angeklagte seinen älteren Bruder und im Anschluss hieran seine Mutter im September 2021 auf einem Hofanwesen in Bad Salzuflen, indem er beiden jeweils einen Genickschuss versetzte. In Bezug auf den Bruder, der dem Angeklagten nach einem Streitgespräch im Bett liegend bei der Schussabgabe den Rücken zuwandte, bejahte das Schwurgericht das Mordmerkmal der Heimtücke und damit die Strafbarkeit wegen Mordes (§ 211 StGB). Wegen der Tötung der Mutter erkannte das Landgericht auf Totschlag (§ 212 StGB).

Der zuständige 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten verworfen, da die durch das Rechtsmittel veranlasste Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Vorinstanz:

LG Detmold – Urteil vom 21. März 2022 – 21 Ks-31 Js 634/21-7/21

Karlsruhe, den 15. August 2022

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 15.08.2022

03.06.22

Erschießung eines nächtlichen Einbrechers in Lübeck muss neu verhandelt werden

- §212 StGB, Beschlüsse -

Beschluss vom 13. Mai 2022 – 5 StR 99/22

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision des Angeklagten ein Urteil des Landgerichts Lübeck aufgehoben. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.

Nach den Urteilsfeststellungen brachen zwei Freunde in der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 2020 in ein vermeintlich leerstehendes verwahrlostes Haus ein. Dort lebte der alkoholabhängige Angeklagte, ein ehemaliger Unteroffizier der Bundeswehr, sozial völlig zurückgezogen in mit Müll und Unrat vollgestellter Umgebung. Der Angeklagte, der in seinem Haus auch Schusswaffen und Munition aufbewahrte, war nach zwei Tagen Alkoholentzuges noch wach und überraschte die Einbrecher gegen 3.30 Uhr. Als sie flohen, setzte er nach und schoss einem der beiden dreimal in den Rücken, wodurch dieser später verstarb. Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der psychiatrischen Sachverständigen von einer uneingeschränkt erhalten gebliebenen Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit ausgegangen, hat eine Rechtfertigung wegen Notwehr verneint und die Voraussetzungen des § 33 StGB (Überschreitung der Notwehr) wegen des planvollen Vorgehens des Angeklagten nicht geprüft.

Der Bundesgerichtshof hat die Prüfung der Schuldfähigkeit beanstandet, weil sich das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei mit der Diagnose der Sachverständigen auseinandergesetzt hat, wonach der Angeklagte an einer alkoholbedingten organischen Wesensveränderung (krankhafte seelische Störung) leidet, die sich auch durch Verminderung hemmender psychischer Mechanismen auszeichne. Zudem wurden die Auswirkungen des zweitägigen Entzuges nicht berücksichtigt. Diese Mängel schlagen auf den Schuldspruch durch, weil eine Neubewertung der psychischen Verfasstheit des Angeklagten auch zu einer neuen Prüfung von § 33 StGB Anlass geben kann.

Die Sache muss deshalb noch einmal neu verhandelt und entschieden werden.

Vorinstanz:

LG Lübeck – Urteil vom 11. November 2021 – 1 Ks 705 Js 64533/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 212 StGB Totschlag

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

§ 33 StGB

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

Karlsruhe, den 01. Juni 2022

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 01.06.2022

04.05.22

Verurteilung wegen zweifachen Totschlags ohne Leichen rechtskräftig

- §211 StGB, §212 StGB, Urteile -

Urteil vom 4. Mai 2022 – 1 StR 309/21

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen des Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts München I verworfen. Dieses hatte den Angeklagten wegen Totschlags in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts tötete der Angeklagte am 13. Juli 2019 zunächst zwischen 9:35 und 10:45 Uhr seine Ehefrau in der gemeinsamen Wohnung in München auf nicht näher bekannte Art und Weise im Flur. Als kurz nach 12:00 Uhr die Stieftochter des Angeklagten von ihrem Unterricht in die Wohnung zurückkehrte, brachte der Angeklagte sie durch stumpfe Gewalt im Wohnzimmer der Wohnung um. Die beiden Leichen verbrachte der Angeklagte an einen unbekannten Ort; sie konnten bisher nicht aufgefunden werden.

Der Senat hat die Revision des Angeklagten verworfen. Das Landgericht hat sich nach umfangreicher Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung des Spurenbildes mit den zahlreichen an den Tatörtlichkeiten im Flur und Wohnzimmer der Wohnung gefundenen Blutspuren, den Angaben von Zeugen sowie den aufgefundenen blutverschmierten Teppichen jeweils von einem Tötungsgeschehen und von einer Täterschaft des Angeklagten überzeugt.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes erstrebten, bleiben ohne Erfolg. Das Landgericht hat keine Feststellungen zum Vortatgeschehen und zum Motiv des Angeklagten treffen können. Die Mordmerkmale der Verdeckungsabsicht und der niedrigen Beweggründe hat es deshalb ohne Rechtsfehler verneint. Diese Beweiswürdigung ist insgesamt frei von Rechtsfehlern und weist auch keine durchgreifenden Lücken auf.

Vorinstanz:

LG München I – Urteil vom 23. Februar 2021 – 2 KLs 127 Js 168087/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 212 StGB – Totschlag

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

§ 211 StGB – Mord

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

Karlsruhe, den 4. Mai 2022

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 04.05.2022

31.03.22

Nach tödlichem Messerstich gegen 13-Jährigen im Berliner Monbijou-Park: Bundesgerichtshof verlangt Prüfung einer Verurteilung wegen Mordes

- §211 StGB, §212 StGB, Urteile -

Urteil vom 30. März 2022 – 5 StR 358/21

Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision einer Nebenklägerin das Urteil des Landgerichts Berlin wegen eines tödlichen Messerstichs gegen einen 13-jährigen Jungen im Monbijoupark aufgehoben, soweit eine Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes unterblieben ist.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.

Nach den Urteilsfeststellungen trafen der Angeklagte und das 13 Jahre alte Opfer im Berliner Monbijou-Park zufällig aufeinander. Nachdem der Angeklagte den Jungen beschimpft hatte, kam es zu gegenseitigen Beleidigungen. Schließlich versetzte der Angeklagte dem Opfer einen wuchtigen Messerstich in die Herzgegend, um ihm eine Lektion zu erteilen und als „Sieger vom Platz“ zu gehen. Der 13-Jährige verstarb infolge der Verletzungen binnen kurzer Zeit am Tatort. Im Anschluss an die Tat äußerte der Angeklagte gegenüber seiner Begleiterin, dass der Junge keinen Respekt gezeigt habe.

Ein Bekannter des Getöteten griff den Angeklagten daraufhin mit bloßen Händen an. Der Angeklagte hätte dem Angriff ohne weiteres ausweichen und flüchten können. Er wollte aber auch aus dieser Auseinandersetzung als Sieger hervorgehen. Daher versetzte er dem Angreifer ebenfalls einen Messerstich in den Oberkörper. Nachdem der Angeklagte erkannt hatte, dass er diesem Geschädigten keine tödlichen Verletzungen zugefügt hatte, flüchtete er in ein in der Nähe gelegenes Restaurant.

Das Landgericht hat die Tötung des 13-Jährigen als Totschlag angesehen. Ein Mord aus niedrigen Beweggründen liege nicht vor, weil der Angeklagte aus Wut über das beleidigende Verhalten des Jungen gehandelt habe.

Diese Wertung des Landgerichts hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Revision der Mutter des Getöteten als rechtsfehlerhaft beanstandet. Das Landgericht hat bei seiner rechtlichen Würdigung wesentliche Aspekte des rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalts ausgeblendet. Der Umstand, dass der Angeklagte das Kind tötete, um ihm eine Lektion zu erteilen, und seine Äußerung gegenüber seiner Begleiterin hätten bei der Erörterung des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe einbezogen werden und Anlass für eine nähere Prüfung sein müssen. Der Bundesgerichtshof hat daher das Urteil insoweit aufgehoben. Eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Berlin wird auf der Grundlage der aufrechterhaltenen Feststellungen eine Verurteilung wegen Mordes zu prüfen haben.

Die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung hat der Senat verworfen, weil die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat.

Vorinstanz:

LG Berlin – Urteil vom 20. Mai 2021 – (535) Ks 278 Js 291/20 (2/21)

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 211 StGB Mord

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
(…) sonst aus niedrigen Beweggründen (…)
einen Menschen tötet.

§ 212 StGB Totschlag

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

Karlsruhe, den 30. März 2022

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2022


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